RKI-Krisenstab COVID-19

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„Sobald jemand Klage einreicht sehen wir alt aus“ 

Aus einer geleakten Email Korrespondenz geht hervor, dass das Robert-Koch-Institut (RKI) vor allem als rechtfertigende Organisation während der Corona-Krise fungierte und das nicht nur für die Regierung. Auch Gesundheitsämter wandten sich an das RKI und waren sich offenbar auch darüber bewusst, dass ihr Vorgehen oft jeglicher Grundlage entbehrte. So schreibt Lutz Ehlkes vom Gesundheitsamt Düsseldorf: „Alle Gesundheitsämter im Umkreis lösen sich jetzt nach und nach von den RKI-Empfehlungen, weil wir sonst keine Chance mehr sehen, die VoC [Variants of Concern, besorgniserregende Varianten] aufzuhalten. Wir haben aber das Problem, dass eure Empfehlungen als Sachverständigen-Gutachten zählen und daher für uns de facto bindend sind. Sobald jemand Klage einreicht sehen wir alt aus. Daher die dringende Bitte: Verschärft die Richtlinien für das Kontaktpersonenmanagement!“ Den entsprechenden Vorschlag, wie diese Verschärfungen aussehen könnten, schickt er auch gleich mit und geht dabei auf die Klassifizierung von Kontaktpersonen der Kategorie 1, das Management von Infizierten und das Management von Kontaktpersonen ein.

Seine Email endet mit den Worten: „Einige Gesundheitsämter gehen sogar noch über unsere Maßnahmen hinaus (> 1 min Kontakt = KP1).
Sobald das RKI eine Verschärfung der Maßnahmen publiziert springen wir und die anderen Kommunen natürlich wieder auf.“

Ute Rexroth, Leiterin des RKI-Fachbereichs Surveillance, leitet diese E-Mail an die Mitglieder des Krisenstabs als Beispiel weiter. Offenbar wandten sich bereits mehrere Gesundheitsämter an das RKI mit ähnlichen „Bitten und Vorschlägen“. Sie bestätigt weiter, was Herr Ehlkes bereits in den umliegenden Kommunen beobachtet auf Bundesebene: „Diverse Bundesländer gehen derzeit deutlich über die RKI-Empfehlungen hinaus.“

Schließlich fordert sie dazu auf, dass nachträgliche Rechtfertigungen gefunden werden: „Nun liegen uns ja nur die anekdotischen Berichte und keine harten Daten vor und wir haben das Beispiel von UK, die ihre Empfehlungen nicht angepasst haben. Vielleicht könnten wir noch einmal im Krisenstab dazu beraten, zumindest darüber, wie wir an die nötigen Daten kommen, damit wir mit einiger Sicherheit sagen können, dass unsere Empfehlungen noch passen, oder aber sie evidenzbasiert anpassen können.

Ein Kollege sendet abschließend noch Link-Vorschläge, die dem gewünschten Ergebnis – Beibehaltung oder Verschärfung der Maßnahmen – förderlich sein könnten. In den geleakten RKI Protokollen aus dem Jahr 2021 findet man sodann bei der Krisensitzung vom 12.2.21 oder auch dem 19.3.21 dass den Bitten nach Verschärfung mangels Evidenz (noch) nicht nachgekommen werden kann. Bereits am 22.3.21 liest man: „Alle Maßnahmen und Papiere, die von VOC [Variants of Concern, besorgniserregende Varianten] betroffen sind,  sollen als Block am Freitag diskutiert werden. Ziel: soweit  wie möglich verschärfen ohne Praktikabilität zu gefährden“. Die Richtung ist also eindeutig vorgegeben.

Dieses einseitige Vorgehen auf Abruf hat nichts mit Wissenschaft zu tun und zeigt klar, dass das RKI vor allem eine Rechtfertigungsrolle während der Corona-Krise einnahm. Es sind somit sämtliche getroffenen Empfehlungen zu hinterfragen und dabei auch an eventuelle „Auftraggeber“ zu denken, wie in diesem Fall Gesundheitsämter.

Autorin des Artikels ist die selbstständige Wirtschaftspychologin Christa Sprengard.


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